Der Kulturring Karlsruhe ist ein spartenübergreifender Zusammenschluss Karlsruher Kultureinrichtungen in freier Trägerschaft. Wir möchten der freien Kunst- und Kulturszene in Karlsruhe mehr Geltung verschaffen und die Voraussetzungen für ihre Entwicklung verbessern.
Ab dem 01.12. kann wieder jeden Tag bis zum 24.12. ein „Kultur-Türchen“ in unserem Adventskalender geöffnet werden!
Trotz der widrigen Umstände und, damit verbunden, der unsicheren Zukunft für viele Einrichtungen der freien Kulturszene haben wir gemeinsam auch 2025 wieder den schon fast traditionellen Adventskalender erstellt.
Mehrere hundert Menschen und zwei Stunden, die wie im Flug vorbei gingen: Die Stimmung bei der Kundgebung des Karlsruher Kulturrings am Samstagnachmittag auf dem Stephanplatz war weitaus besser als ihr Anlass — danke Ítalo Caramuru und „Miri in the Green“, danke Gunnar Schmidt für die Moderation! Aber die geplanten Kürzungen bedrohen zehn der 21 Institutionen der freien Kulturszene existenziell.
Dazu gab es vom Kulturring zwei klare Aussagen: „Wir sind alle wichtig für die Stadt. Wir werden für alle kämpfen“, sagte Fabienne Stocker (Substage). Und es ist durchaus noch Geld da, macht Sebastian Bau (TOLLHAUS) klar: Die geplante City Tax soll 4 Millionen Euro bringen. 5 Prozent dieser Summe – also 200.000 Euro – wären bei der freien Kulturszene gut angelegt. Die bringt schließlich auch Gäste nach Karlsruhe.
„Wir brauchen keine Großevents. Wir brauchen eine stabile Kulturszene, die das ganze Jahr über ein breites Angebot macht“, schrieb Christian „Plüschi“ Bundschuh (S.A.U., Alte Hackerei) auf der Kundgebung der städtischen Kulturpolitik ins Stammbuch. Bei den World Games 2029 werde die ganze Welt auf Karlsruhe blicken, zitierte er Kulturbürgermeister Albert Käuflein (CDU). Das kostet allerdings 120 Millionen Euro, davon zahlt die Stadt 23 Millionen Euro. Aber zumindest die Kulturszene in Deutschland wisse schon längst, wo Karlsruhe liegt, sagte Plüschi. Wegen seiner derzeit noch vielfältigen Kulturlandschaft stehe Karlsruhe auf jedem Tourplakat einer Band, die von Nord nach Süd oder umgekehrt tourt. „Wir können vieles machen, wir brauchen keine Sachen von außen, in die viel Geld reinfließt.“
Mit der Aussage „Wenn wir nicht mehr Geld bekommen, werden wir 2027 nicht unseren 20. Geburtstag feiern, sondern müssen schließen“, sorgte Thilo Franz (KOHI Kulturraum) für einen Moment der betretenen Stille. Über eine Million Euro habe der Verein in den Kulturraum am Werderplatz investiert, davon kam kein Cent von der Stadt. Der Erfolg ist da: 2022 und 2024 wurde das KOHI mit dem Bundespreis APPLAUS für das beste Programm ausgezeichnet. Das brachte jeweils 50.000 Euro. Das Geld kam zur rechten Zeit: Die laufenden Kosten (Energie, Miete, Personal) steigen stetig und summieren sich mittlerweile auf 120.000 Euro im Jahr. Der städtische Zuschuss stagniert bei 24.000 Euro. Das KOHI brauche aber doppelt so viel.
Existenziell betroffen ist auch das TanzAreal. „Tanz braucht genug Platz, die bisherige Finanzierung ist nur die Miete“, so Irina Castillo und Katrin Panitz. Und die Miete sinkt nicht, wenn der Zuschuss gekürzt wird. Mittlerweile werde nach Karlsruhe geschaut, wenn es um Tanz geht. „Das haben wir in den letzten Jahren aufgebaut. In diesem Jahr sind wir Gastgeber für den Runden Tisch ,Tanz‘ in Baden-Württemberg.“
Anderen geht es nicht viel besser: „Die Kinemathek wird einen langsamen Tod sterben“, befürchtet Christian Haardt (Kinemathek). Wie bei vielen anderen Kulturanbietern drohe ein Teufelskreis: „Weniger Geld, weniger Programm, weniger Publikum, weniger Geld …“. Zudem ist die Kinemathek Spielort für andere: drei Filmfestivals, die jetzt bedroht sind. Kulturbürgermeister Käuflein spreche gerne von der „Filmstadt Karlsruhe“, so Nils Menrad (DokKa-Festival). Dabei steuere die Stadt zu den drei Festivals gerade mal 30.000 Euro bei, in anderen Städten gebe es Hunderttausende. Mit einem Aus für die Festivals gehe der Stadt unter dem Strich Geld verloren: „Auf jeden Euro Steuergeld legen wir das Achtfache privat oben drauf“, so Andreas Stockert (Pride Pictures). Hinzu kommt: Kinemathek und Jazzclub teilen sich ein Gebäude. „Wenn der eine geht, geht der andere auch“, so Haardt.
Wie Karlsruhe 2029 aus den Augen der World-Games-Gäste aussieht, nachdem der Rasenmäher über die Kulturlandschaft gefahren ist, schilderte Erik Rastetter (Sandkorn): Kulturell ziemlich tot. Auch das Sandkorn muss trotz hervorragender Zuschauerzahlen vielleicht bald schließen. Rastetter wünschte sich eine Stadt, die sich der Bedeutung von Orten bewusst ist, an denen Demokratie gelebt wird. Eine Stadt, die den „feixenden Verfassungsfeinden im Hintergrund den demokratischen Mittelfinger zeigt.“
Der Poetry-Slamer Adrian Mulas ist Mitglied des Studierendenausschusses des KIT. Aus seiner Sicht geht es um Räume, in denen man Kultur nicht nur konsumieren, sondern mitgestalten kann. „Angesichts der voranschreitenden Vereinsamung sind solche Räume wichtig.“ Mit Blick auf die pauschalen Kürzungen sagte er: „10 Prozent ist der Unterschied zwischen Licht an oder aus – und zwar endgültig.“
Das sagt das Publikum des Kulturfestes dazu
Elli (26, Oststadt) und Helen (22, Südweststadt) besuchen regelmäßig Sandkorn, P8 und andere kulturelle Einrichtungen: „Das Geld ist doch da, beispielsweise für die Bundeswehr. Es wird meiner Meinung nach an den falschen Stellen ausgegeben“, so Elli. „Das Geld sollte für die Bürger ausgegeben werden,“, ergänzt Helen.
Tobias (50, Neureut) kommt ursprünglich aus Bayern: „Die Vielfalt der Kultur war für mich ein Grund, dass ich in Karlsruhe geblieben bin. Und das nun seit über 20 Jahren. Mit den Einsparungen wird dies einfach aufs Spiel gesetzt.“
Daniela (47, Hanhofen) fährt rund 55 Kilometer nach Karlsruhe ins KOHI. „Das KOHI ist für mich wie ein Wohnzimmer. Ich treffe Leute und höre Musik. Es gibt keinen besseren Club im Umkreis von 60 Kilometern, wenn das KOHI schließt, wüsste ich nicht mehr, was ich machen soll.“
Barbara (65, Eggenstein) arbeitet im Staatstheater. „Bei der Demo dabei bin ich, weil ich meine Solidarität mit den kleinen Kultureinrichtungen zeigen will. Wir (das Staatstheater) sind ja vergleichsweise gut ausgestattet. Aber viele kleine Kultureinrichtungen müssen ums Überleben kämpfen“.
Jens (51, Oststadt) spielt als Hobbymusiker in zwei Bands: „Subkultur ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Fällt hier ein Großteil weg, können viele Künstler nicht mehr auftreten.“
Angelo (60plus, Hagenbach): „Ich gehe seit 50 Jahren in kleine Clubs. Diese Kultur sollte erhalten bleiben.“
Lothar (67, Rüppurr): „Ich gehe oft ins KOHI, weil es für mich ein kultureller, gesellschaftlicher und kommunikativer Treffpunkt ist, den ich mir auch mit meiner kleinen Rente leisten kann. Von denen sollte es viel mehr geben. Fällt das aber weg, kann ich in Zukunft zu Hause vor dem Fernseher sitzen und auf den Krebs, die Demenz oder den nächsten Krieg warten.“
Gisbert (65, Südweststadt) arbeitet im ZKM. „Durch die Kürzungen werden besonders die kleinen Kultureinrichtungen getroffen, die dann um ihre Existenz bangen müssen“.
Karlito (30, Südstadt): „Es wird an der falschen Stelle gespart. Für Prestigeobjekte ist das Geld doch da. Sind die kleinen Kultureinrichtungen sind wichtig. Sind sie erst mal weg, kommen sie auch nicht wieder. Gleiches gilt für den öffentlichen Nahverkehr. Erst wird eine U-Bahn gebaut. Dann sollen Fahrten gestrichen werden.“
Texte auf den Postkarten
Die Besucher und Macher des Kulturfestes stehen nicht alleine. Das zeigen die Texte auf den Postkarten, die die Petition „Geht’s noch Karlsruhe?“ seit Wochen begleiten. Für viele Menschen sind die Kultureinrichtungen unverzichtbarer Teil einer demokratischen, diskursfähigen und offenen Gesellschaft. Maíra Wiener (TOLLHAUS) und Daniela Kreiner (Sandkorn) ließen das Publikum der freien Kulturträger zu Wort kommen:
„Ohne Kultur wird´s still. Wo Kultur fehlt, wird es leise, grau und leer. Gute Kulturpolitik ist gute Stadtentwicklung.“ (Anna-Lena)
„Kultur erweitert nicht nur den eigenen Horizont und gibt Denkanstöße über die eigenen Erfahrungen und Muster hinauszusehen, sondern bringt Menschen unterschiedlicher Meinungen an einen Tisch. Der Austausch vor, aber vor allem nach den erlebten Veranstaltungen ist ein Weg zu einem besseren Miteinander.“ (Sabine, Germersheim)
„Kunst und Kultur hält Menschen wach, berührt Herzen – wir brauchen diese Orte, wo Menschen sich begegnen, neue Blickwinkel kennen lernen, mehr denn je. Schließt die Räume, wo dies ermöglicht wird, wie zum Beispiel das Sandkorn nicht, wir brauchen sie als Gesellschaft.“ (Katarina)
„An der Kultur zu sparen, ist nachweislich nicht nur gesellschaftlich, sondern auch kommunalwirtschaftlich sinnlos und dumm!“ (Florian)
„Die Kultur ist am wenigsten schuld am Missmanagemant der öffentlichen Finanzen der letzten 20 Jahre, soll aber nun dafür bezahlen!“ (Monika)
„Kultur ist systemrelevant. Kultur ist nicht weg zu denken. Kultur ist demokratisch. Kultur ist Politik. Kultur ist kulturelle Bildung. Kultur ist gesellschaftspolitisch wichtig.“ (Martin)
WARUM IST KULTUR WICHTIG?
All das weiß mittlerweile sogar die KI.
Moderator Gunnar Schmidt hat Chat GPT gefragt: „Warum ist Kultur wichtig?“
Die Antwort der Maschine:
„Kunst ist wichtig, weil sie Menschen ermöglicht, Gefühle, Ideen und Perspektiven zu verbinden. Sie fördert Emphatie und Verständnis, in dem sie Erfahrungen anderer sichtbar macht. Sie regt kritischen Denken und Kreativität an. Sie bietet Sinn, Freude und Schönheit im Alltag. Sie schafft Gemeinschaften durch gemeinsame Ausdrucksformen.“ Und was sollen die Menschen in Karlsruhe jetzt tun?
Die Antwort von Gunnar Schmidt: „Immer mal wieder jemanden, der beispielsweise noch nicht im KOHI, Tollhaus oder Tempel war, einfach mitnehmen.“
Sehen Sie sich gerne die Momentaufnahmen von der Kundgebung auf unseren Social-Media-Kanälen Instagram oder Facebook an.
Informieren Sie sich:
Im KULTURRING PODCAST erklären Kultureinrichtungen und -initiativen, Künstler:innen und Kulturschaffende, was der Wegfall von Kultureinrichtungen in Karlsruhe für sie und ihre Arbeit bedeutet; wie sie das kulturelle Leben prägen, welche gesellschaftliche Funktion sie übernehmen – und was auf dem Spiel steht, wenn sie durch Haushaltskürzungen unter Druck geraten.
Der Kulturring ist ein spartenübergreifender Zusammenschluss Karlsruher Kultureinrichtungen in freier Trägerschaft.
Mit Jazzclub, jubez, Substage, der Kinemathek, dem Dokumentarfilmfestival dokKa und dem Déjà Vu Stummfilm-Festival, dem SAU e.V. (Alte Hackerei), dem KOHI Kulturraum, Kulturhaus Mikado, NUN Kulturraum, die Anstoß, dem Studentischen Kulturzentrum am KIT sowie den Kulturzentren P8, Tempel und Tollhaus, dem kulturpädagogischen Werkraum sowie dem Theaterhaus mit den Ensembles marotte Figurentheater, Das Sandkorn und Jakobus-Theater erreichten die Träger des Kulturrings 2019 mit mehr als 3000 einzelnen Veranstaltungen weit über 400.000 Besucher:innen. Dies ist eine Größe, die ein Drittel über der Einwohnerzahl von Karlsruhe liegt. Seit 2019 sind weitere Einrichtungen wie die Kulturküche und das Filmboard zum Kulturring gestoßen.
In den Einrichtungen und Initiativen des Kulturrings arbeiten und engagieren sich rund sechs Dutzend Festangestellte, über 132 Minijobber sowie etwa weit über 600 Ehrenamtliche. Mit seinen zahlreichen und vielfältigen Angeboten auch zur aktiven Teilnahme tragen die Einrichtungen des Kulturrings erheblich zur kulturellen Vielfalt und dem Standortvorteil Karlsruhes bei. Schon alleine die zahlreichen Festivals, die die Kulturring-Mitglieder über das Jahr veranstalten, tragen den Ruf der Kulturstadt Karlsruhe weit über die Region hinaus.
Der Kulturring versteht sich als informelle Plattform, Interessensvertretung und Sprachrohr seiner Mitglieder. Er verfolgt das Ziel, der freien Kunst- und Kulturszene in Karlsruhe mehr Geltung zu verschaffen und die Voraussetzung für ihre Entwicklung zu verbessern.
Der Kulturring Karlsruhe e.V. wurde am 21. Februar 1989 gegründet und trat im Dezember 1989 erstmals mit einer programmatischen Erklärung an die Öffentlichkeit. Er war ursprünglich ein Zusammenschluss von Künstlerinnen und Künstlern, Kulturjournalisten und -aktivisten, der sich in verschiedene Sparten „Musik“, „Literatur“, „Bildende Kunst“, „Theater“ und „Soziokultur“ aufgliederte.
Nach wenigen Jahren hatte sich der Kulturring als umfassender Dachverband erschöpft. Alleine die Sektion „Soziokultur“, in der sich verschiedene Kulturveranstalter mit dezidiert kulturpolitischem Interesse zusammenfanden, setzt ihre Arbeit seither kontinuierlich fort.
Der Kulturring versteht sich nicht selbst als Veranstalter, gemeinsame Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen und öffentliche Foren zu wichtigen Themen wie anstehenden Wahlen finden jedoch je nach Anlass statt. Der Kulturring ist durch den Kinemathek-Vorstand und dokka-Dokumentarfilmfestival-Begründer Nils Menrad im Kulturausschuss des Karlsruher Gemeinderats beratend vertreten und hält den Kontakt zum Kulturamt der Stadt und kulturpolitischen Vertretern der kommunalen Fraktionen.
Über die Aufnahme in den Kulturring entscheiden die Mitglieder nach einem formlosen Antrag an den Vorstand.
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